Seit mehr als 15 Jahren kommen am Sonntag nach Pfingsten rund 1500 meist pflegebedürftige Menschen im Hof des Bochumer Zisterzienserkloster Stiepel zusammen, um zu beten und zu singen, Gemeinschaft zu erfahren und die Krankensalbung gespendet zu kommen. Vor zwei Jahren wurde die Wallfahrt dann coronabedingt komplett abgesagt, 2021 gab es erstmals eine digitale Übertragung des Gottesdienstes, die über das Internet verbreitet wurde. Zahlreiche Altenheime nutzten auch in diesem Jahr diese Möglichkeit, da ein Treffen in Präsenz mit Blick auf die mögliche Gefährdung der teilweise sehr geschwächten älteren Menschen weiterhin nicht in Frage kam.
Im Essener Marienheim fanden sich beispielsweise rund 40 Seniorinnen und Senioren sowie zahlreiche Pflege- und Betreuungskräfte zusammen, um sich diese Übertragung anzuschauen: "Ist das nicht eine schöne Kirche?", rief eine Bewohnerin aus, als Impressionen des Klosters gezeigt wurden, bevor der eigentliche Gottesdienst begann. Wallfahrtsrektor Pater Rupert Fetsch sprach in seinen Einführungsworten und in seiner Predigt vom Krieg in der Ukraine, der für viele ältere Menschen mit Erinnerungen an die eigenen Erfahrungen während des zweiten Weltkriegs verbunden ist. Diese Erinnerungen schienen in den letzten Jahren oft vergessen, drängen sich nun aber angesichts der aktuellen Berichterstattung wieder ins Bewusstsein zurück und führten dazu, dass die verschiedenen Gebetsformeln besonders andächtig mitgesprochen wurden.
Auch die Pandemie mit ihren umfassenden Einschränkungen war ein Thema des Gottesdienstes, wobei die Zisterzienser und der veranstaltende "Stiepeler Kreis", ein Zusammenschluss engagierter Akteure aus dem Bereich der Altenpflege im Bistum Essen, der Hoffnung Ausdruck verliehen, sich im nächsten Jahr doch wieder in Präsenz treffen können. "Das wäre sehr schön", sagte Günter Roland (86), der 2019 noch vor Ort in Stiepel dabei gewesen war. "Das Zusammensein auf dem Klosterhof hat mich begeistert und ich würde gerne erneut dahin fahren", sagte er, "aber ich bin froh, dass es wenigstens diese Möglichkeit der Übertragung gibt und der Gottesdienst nicht komplett ausfällt." Rosemarie Hölter dagegen hat noch nicht an der Seniorenwallfahrt teilgenommen und deswegen keine Vergleichsmöglichkeiten: "Mir haben der Gottesdienst vor dem Bild der ,Schmerzhaften Mutter von Stiepel‘ und die Worte des Trostes wirklich gut getan!"
In vielen Pflegeeinrichtungen spendeten Geistliche im Nachgang der Übertragung das Sakrament der Krankensalbung, für viele Bewohner ein besonderer Moment, der sie sichtlich bewegte.
Hybrid-Veranstaltung denkbar
"Nach der Premiere im vergangenen Jahr haben wir es erneut geschafft, ein Zeichen der Verbundenheit und Solidarität zu schaffen, gerade jetzt in Zeiten weltweiter Unsicherheiten", freute sich Sandra Evers, die die technische Umsetzung des Vorhabens realisiert hat, nach Ende der Veranstaltung. Schon jetzt wird der Blick nach vorne gerichtet: "Auch wenn es uns gelingt, dass wir uns im kommenden Jahr wieder vor Ort treffen, werden wir an der Übertragung im Internet festhalten", sagte Dieter Merten vom Stiepeler Kreis. Das befürwortet auch Thomas Schubert, Einrichtungsleitung im Marienheim: "Nicht alle unserer Bewohner, die jetzt den Gottesdienst auf dem Großbildschirm verfolgt haben, wären in der Lage, die Busreise nach Stiepel zu bewältigen. Außerdem wurden wir in den Vorjahren bei der Wallfahrt von zahlreichen Ehrenamtlern unterstützt: Die stehen uns aktuell aber nur in deutlich verringerten Maß zur Verfügung, sodass die notwendige 1:1-Betreuung nicht gewährleistet werden könnte. Insofern wäre es gut, wenn es dem Organisationsteam gelänge, ein Hybridformat zu realisieren!"