"Wir brauchen auch künftig ein starkes europäisches Förderinstrument, um Armut nachhaltig zu bekämpfen und Menschen soziale Teilhabe zu ermöglichen", sagt Stefanie Siebelhoff, Direktorin des Caritasverbandes für das Bistum Essen. Sie fordert, dass der Europäische Sozialfonds (ESF) auch nach Ablauf der aktuellen Förderperiode, die noch bis 2027 läuft, finanziell gut ausgestattet fortgeführt wird.
"Unsere Projekte tragen zum sozialen Frieden und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft bei. Wir mahnen an, dass auch nach 2027 das Soziale ein Förderschwerpunkt der EU bleibt. Zurzeit herrscht große Verunsicherung, viele unserer Projektverantwortlichen fürchten um den Fortbestand ihrer wichtigen Arbeit", unterstreicht die Caritas-Direktorin.
Für bessere Chancen am Arbeitsmarkt
Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wurden im Zeitraum von 2021 bis 2025 über Projekte des ESF rund 280.000 Personen unterstützt und 37.250 Projekte gefördert. In Deutschland erhalten Bund und Länder bis 2027 insgesamt rund 6,56 Milliarden Euro aus dem ESF.
Die ESF-Plus-Budgetlinie richtet sich insbesondere an benachteiligte Familien, die von sozialer Ausgrenzung und Armut bedroht sind. "Die über den ESF Plus geförderten Programme und Projekte eröffnen Menschen neue Chancen und die Möglichkeit, ihre berufliche Zukunft in die Hand zu nehmen", heißt es auf der Website des Ministeriums. Insgesamt 32 Förderprogramme des Bundes sollen unter anderem die Ausbildungs- und Arbeitsmarktchancen junger Menschen und Menschen mit Migrationsgeschichte verbessern, berufliche Weiterbildungsangebote für Erwerbstätige entwickeln und benachteiligte Familien unterstützen.
Bundesländer für Fortführung des ESF
Ab 2027 werden die finanziellen Rahmenbedingungen der EU-Förderung neu verhandelt und ab 2028 im mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) abgebildet. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Bundesländer vom 15. Oktober 2025 heißt es dazu: "ESF-Maßnahmen der Länder sind regelmäßig Best Practice für die nationale Regelförderung. Diese Vielfalt des ESF in regionaler Verantwortung der Länder ist seine Stärke und muss gewährleistet bleiben. Der ESF muss auch in der Förderperiode 2028-2034 mit einer eigenen Budgetlinie als zentrales beschäftigungs- und strukturpolitisches Instrument in allen Ländern fortbestehen."
Inga Kellermann von der Caritas OberhausenCaritas Oberhausen
SITAO-Projekt in Oberhausen
Wie ein ESF-gefördertes Projekt in Oberhausen Eltern in Beschäftigung vermittelt und ihnen zu neuem Selbstwertgefühl verhilft, ist Thema einer neuen Episode von caritalks, dem Podcast der caritas in NRW. Beraterin Inga Kellermann von der Caritas Oberhausen, erklärt, wie die Förderung funktioniert und warum der Europäische Sozialfonds auch in Zukunft so wichtig ist.
"Wir sind Brandhelfer und Türöffner", sagt Inga Kellermann, die mit ihrem Team der Caritas Oberhausen Eltern in Notsituationen berät und sie in eine Beschäftigung vermittelt. Die 51-jährige Sozialarbeiterin leitet bei der Caritas Oberhausen den Bereich "Beratung | Plus". Soziale Integration und Teilhabe am Arbeitsmarkt in Oberhausen (SITAO) heißt das Projekt, das durch ESF Plus gefördert wird. In drei Anlaufstellen an den Standorten Sterkrade, Alt-Oberhausen und Osterfeld beraten Mitarbeitende der Caritas von Armut bedrohte Menschen - mit Erfolg.
Beratung braucht Finanzierungssicherheit
Mit Blick auf Fördermittel sagt Kellermann: "Wir brauchen hier weiterhin eine soziale Infrastruktur für Oberhausener Bürgerinnen und Bürger, zumal einige Träger aus bestimmten sozialen Projekten aussteigen, weil die Finanzierung zu unsicher ist. Deswegen ist unter anderem der Europäische Sozialfonds so wichtig." Wenn die Förderung auslaufe, würden auch die Beratungsangebote wegbrechen. Kellermann ist überzeugt, dass es nachhaltiger und wirksamer ist, Menschen konkrete Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen und ihnen beratend zur Seite zu stehen, als Familien aus Armut wieder herauszuhelfen.