Beim heutigen "Flüchtlingsgipfel" werden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefs und -chefinnen der Bundesländer die Ergebnisse der Arbeitsgruppen des Februargipfels diskutieren. "Dabei geht es neben dem finanziellen Engagement des Bundes bei der Versorgung von Geflüchteten auch um Verschärfungen in der Migrationspolitik", befürchtet Emilia Kupferschmidt, Referentin für Migration, Flucht und Integration beim Caritasverband für das Bistum Essen. "Während grundsätzlich begrüßenswert erscheint, Verfahren zu beschleunigen, indem Ausländerbehörden durch bessere personelle und technische Ausstattung entlastet werden, sieht die Caritas andere geplante Maßnahmen mit großer Sorge."
Emilia Kupferschmidt Caritas / Christoph Grätz
So hatte bereits im Vorfeld des Gipfels Ministerin Nancy Faeser geäußert, dass die Bundesregierung den Vorschlag anderer EU-Staaten unterstütze, Asylverfahren künftig an die EU-Außengrenzen zu verlagern, um bei ablehnenden Asylbescheiden die Abschiebungen zu erleichtern und nur Menschen mit zuerkanntem Schutzstatus auf die EU-Mitgliedsstaaten zu verteilen. "Hier steht zu befürchten, dass in Einrichtungen an EU-Außengrenzen haftähnliche Bedingungen herrschen und Menschenrechte sowie Verfahrensgarantien nicht eingehalten werden können", sagt Kupferschmidt.
Fachgremien der Caritas sprechen sich zudem gegen die nun erneut ins Gespräch gebrachten zentralen Ankunftszentren aus. Erfahrungen mit ähnlichen Konzepten aus früheren Jahren zeigen, dass die Verfahrensdauer durch diese zentrale Unterbringung von Geflüchteten nur geringfügig verkürzt wird - laut Evaluationsbericht des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) lediglich von 82 auf 77 Tage. "Dafür müssen Menschen ohne Zugang zum Arbeitsmarkt, Sprachkursen oder Integrationsangeboten in Sammelunterkünften leben und ausharren, häufig fernab von Beratungsmöglichkeiten", kritisiert Kupferschmidt.
Effektive und schnelle Asylverfahren seien zu begrüßen, weil sie auch den Schutzsuchenden zugutekämen. "Allerdings führen die jetzt diskutierten Maßnahmen nicht zu einer Beschleunigung, sondern verlagern die ausführliche Prüfung der Schutzgesuche auf das gerichtliche Verfahren", erklärt Kupferschmidt. Letztendlich würden Verfahren damit hinausgezögert und der effektive Rechtsschutz erschwert.
Die Forderungen der Caritas im Überblick:
- Die Caritas setzt sich seit Jahren für eine integrative Ausgestaltung der Asylverfahren ein, die von Anfang an den Zugang zu Bildung, Arbeitsmarkt und Beratung vorsehen.
- Eine Abschreckungs- und Abschottungspolitik unterläuft die Qualitätsstandards, die sich die Bundesregierung bei der Einhaltung von Menschenrechten auf die Fahne geschrieben hat.
- Die Beschleunigung von Asylverfahren darf nicht auf Kosten ihrer Qualität gehen.
- Schutzsuchende müssen diskriminierungsfreien Zugang zu effektivem Rechtsschutz und zu qualifizierter, kostenloser und behördenunabhängiger Verfahrensberatung erhalten.
- Neben der Verfahrensdauer müssen die Lebensbedingungen in den Unterkünften in den Blick genommen werden. Mindeststandards müssen gewährleistet und den Bewohnern und Bewohnerinnen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden.