Sucht und psychische Erkrankungen bedingen sich oft gegenseitig - darauf hat der Caritasverband für das Bistum Essen am 12. April mit einem Thementag aufmerksam gemacht, zu dem rund 30 ehren- und hauptamtlich Tätige aus dem Bereich der Sucht- und Suchtselbsthilfe ins Caritashaus nach Essen gekommen waren. Dazu eingeladen hatte der Fachausschuss Sucht, Suchtselbsthilfe und AIDS in Kooperation mit dem Kreuzbund-Diözesanverband Essen.
Cannabis verursacht Schizophrenie
Ärztin Wiebke Voigt, Medizinische Leiterin der Fachklinik Kamillushaus in Essen-Heidhausen, gab einen Überblick über typische Doppeldiagnosen und Suchtmittel, die geeignet sind, Psychosen auszulösen. Für viele überraschend: Cannabis gehört zu den Drogen, die in Kombination mit anderen Risikofaktoren Schizophrenie auslösen können - häufig mit fatalen Folgen für die meist jugendlichen Konsumenten. Manche litten ein Leben lang an den Symptomen und seien kaum in der Lage, ein selbstständiges Leben zu führen, so Voigt. Dennoch ist die Ärztin überzeugt, dass die Teil-Legalisierung der richtige Schritt ist: "Ob legal oder strafbar konsumiert wird - die gesundheitlichen Folgen sind dieselben." Daher müsse sich die Aufmerksamkeit auf Prävention richten und dafür auch ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, so Voigt.
Es fehlen Therapieplätze
Die beste Therapie für Menschen mit Sucht und Psychose sei immer die Rückkehr ins Leben, betonte die Ärztin, "Arbeit zu haben, Freunde zu treffen, Hobbies auszuüben und ein selbstbestimmtes Leben führen zu können". Deshalb beziehe die Therapie auch das soziale Umfeld, Familie und Freunde in die Behandlung der Kranken mit ein, sofern jemand überhaupt einen Therapieplatz bekommt. Denn für Menschen mit Doppeldiagnose sei das oft ein echtes Hindernis, wie Judith Lange, Suchttherapeutin beim Caritasverband für die Stadt Gladbeck, bemängelte. Zwar ist gesetzlich nicht mehr vorgeschrieben, dass ein suchtkranker Mensch erst abstinent sein muss, bevor er zur Psychotherapie zugelassen wird. Aber oft würden Patienten mit anderen Diagnosen bevorzugt. Auch fehlten ausreichend stationäre Therapieplätze. Dass beides - Sucht und Psychose - zusammen gesehen und behandelt werden müssen, weil sich beides bedingt, machte Lange an einem Beispiel deutlich: "Jemand, der zwar den Entzug geschafft hat, aber Angstzustände hat, schafft den Weg in die Selbsthilfegruppe nicht allein. Er muss begleitet werden." Genau darauf komme es an, um nicht wieder rückfällig zu werden.
Martin Stockmann, Referent für Suchtfragen beim Caritas-Diözesanverband Essen, ergänzt: "Für solche Aufgaben, wie Begleitung in Selbsthilfegruppen, braucht es Zeit und Zeit kostet Geld. Geld, das hier gut angelegt ist, weil es viel persönliches Leid und finanzielle Folgekosten der Sucht vermeidet."
Die Kooperationstreffen des Caritas-Fachausschusses Sucht, Suchtselbsthilfe und AIDS mit dem Kreuzbund-Diözesanverband und den dazugehörigen Ortsverbänden im Bistum Essen haben eine lange Tradition und sind in dieser Form einmalig. Der Kreuzbund ist der bundesweit größte Suchtselbsthilfeverband. (nvb)