In fünf Städten des Bistums Essen fuhr der Currywurst-Wagen der Caritas vor und sorgte für das leibliche Wohl. Währenddessen nutzten die örtlichen Landtagskandidaten die Gelegenheit, Ideen, Ärger und Veränderungsvorschläge der Bürger anzuhören und miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Idee für diese Art der Begegnung hatte der Caritasverband für das Bistum Essen. Mit im Boot und "scharf auf Ihre Meinung" waren die Caritasverbände in Duisburg, Bochum, Lüdenscheid, Mülheim und Gelsenkirchen, die jeweils in die Rolle des Gastgebers schlüpfen.
"Nach 1500 ausgegebenen Currywürsten, etwa 1000 Besucherinnen und Besuchern und über 20 Politikerinnen und kommunal Verantwortlichen, die unserer Einladung auf ´ne Currywurst gefolgt sind, können wir eine positive Bilanz ziehen. Bei diesen fünf Veranstaltungen wurde nicht parteipolitisch sondern hart an den Themen diskutiert und gestritten. Wir hoffen mit diesen Begegnungen von Bürgern und Politikern auf Augenhöhe, Menschen in Ihrer Wahlentscheidung gefestigt zu haben und - ganz wichtig - Unentschlossene dazu bewegt zu haben, am kommenden Sonntag wählen zu gehen", sagt Dr. Jürgen Holtkamp, Abteilungsleiter beim Caritasverband für das Bistum Essen.
Duisburg: Stadt und Wohlfahrtsverbände setzen sich für Bildung ein
Der Auftakt wurde in Duisburg gemacht. Am Sozialzentrum St. Peter in Hochfeld ging es um Sorgen und Wünsche rund um das Thema "Bildung". Für viele Migranten war es in den Gesprächsrunden am Currywurst-Tisch entscheidend, dass ihre Kinder überhaupt einen Schulabschluss erreichen, während die deutschstämmigen Besucher sich eher um den Zugang zum Abitur sorgten. Brisant ist in Duisburg, dass Bildungsdezernent Thomas Krützberg im kommenden Schuljahr 900 zusätzliche Schüler überwiegend aus Osteuropa unterbringen muss - eine Belastungsprobe für die Stadt, die auch von den Wohlfahrtsverbänden mit geschultert werden muss. In Hochfeld, einem Stadtteil in dem Menschen aus fast 100 Nationen leben, diskutierten die Bürger mit Petra Vogt (MdL) von der CDU, Dr. Birgit Beisheim (MdL) von den Grünen, Bärbel Bas (MdB) von der SPD, Oliver Alefs (MdL) von der FDP und Bildungsdezernent Thomas Krützberg.
Bochum: Chancengleichheit im Job für Männer und Frauen
In Bochum hielt der Wurstwagen der Caritas mitten in der Stadt vor dem City-Point. Laufpublikum aller Altersstufen ließ sich auf eine Currywurst einladen und dabei über aktuelle Frauenpolitik informieren, angefangen von Diskussionen um das Frauenhaus in Bochum über das Wahlkampf-Thema "Beitragsfreie Kita" bis hin zur Chancengleichheit im Job für Männer und Frauen. Auch NRW-Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) folgte der Caritas-Einladung nach Bochum sowie die Landtagskandidaten Dirk Schmidt (CDU) und Marcus Starwas (CDU), Barbara Jessel (Die Grünen). Moderiert wurde die Begegnung von Nicole Dreisbach-Bartscherer von Radio Bochum.
Lüdenscheid: Steuerflucht bestrafen und gegen Wohnungslosigkeit vorgehen
Arbeit, Grundeinkommen und die Gerechtigkeitsdebatte angesichts einer steigenden Zahl wohnungsloser Menschen im südlichen Märkischen Kreis standen vor dem Martinus-Haus der Caritas in Lüdenscheid im Mittelpunkt der Debatte. Nach lebhaften Diskussionsrunden an den drei Stehtischen mit einzelnen Politikern berichteten alle Landtagskandidaten anschließend im Plenum davon, aus dem Gespräch mit den Bürgern selbst viele Anregungen mitgenommen zu haben. Dabei ergaben sich in einzelnen Fragen ganz neue Koalitionen: Ralf Schwarzkopf (CDU) und Manuel Huff (Die Linke) etwa waren sich einig in der Ansicht, "dass man mit dem Steuergeld, das unter Ausnutzung von Schlupflöchern der öffentlichen Hand entzogen wird, viel Sinnvolles tun könnte", so Schwarzkopf. Huff ergänzte: "Wenn wir das Problem der Steuerflucht in den Griff bekommen, können wir auch wesentlich mehr gegen die Wohnungslosigkeit unternehmen."
Mülheim: Integration, eine riesige aber leistbare und bezahlbare Aufgabe
Der Ort für die Begegnung bei ´ner Currywurst hätte in Mülheim nicht passender gewählt sein können, ging es doch hauptsächlich um das Thema Flüchtlinge, Zuwanderung und Integration. Vor der städtischen Asylbewerberunterkunft auf der Vereinstraße in Eppinghofen fanden sich neben NRW-Gesundheitsministerin Ministerin Barbara Steffens auch der Sozialdezernent der Stadt Mülheim, Ulrich Ernst sowie die Landtagskandidatinnen und Kandidaten Heiko Hendriks (CDU), Christian Mangen (FDP) Nina Eumann (Die Linke) Ingrid Tews (B90/Grüne). Arno Klare, Bundestagsmitglied der SPD war ebenfalls gekommen und bezeichnete die Integration als eine riesige aber leistbare und bezahlbare Aufgabe, die eher Chance als Belastung sei. Etwa 100 Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung gefolgt mit zu diskutieren und zuzuhören. Einige in der Flüchtlingsarbeit Engagierte berichteten von Einzelfällen: Etwa von gut qualifizierten Flüchtlingen, deren Qualifikationen nicht anerkannt würden oder deren Asylverfahren sich hinzögen. Aber auch andere Themen wie, bezahlbarer Wohnraum, kommunales Wahlrecht und Fluchtursachenbekämpfung wurden diskutiert. Ein irakischer Flüchtling der zwei Jahre in Mülheim in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt, berichtete, dass sein Asylantragsverfahren immer noch laufe, er keinen Deutschkurs besuchen dürfte und gerne arbeiten würde.
Gelsenkirchen: neue Chancen für Langzeitabeitslose
Richtig lebhaft ging es in der Fußgängerzone in Gelsenkirchen zu, in der der Currywurstwagen am gestrigen Mittwoch seine letzte Station machte. Radio Emscher Lippe Moderator Lennart Hemme hatte einen wahren Moderationsmarathon absolviert. Fast pausenlos führte er durch die dreistündige Begegnung von Gelsenkirchenern mit ihren Landtagskandidaten Sascha Kurth (CDU), Sebastian Watermeier (SPD), Susanne Cichos (FDP) Jürgen Prekel und Barbara Oehmichen von den Grünen sowie Bettina Angela Peipe und Thomas Grohé (Die Linke). Im Focus, das Thema Langzeitarbeitslosigkeit, ein in allen Ruhrgebietskommunen drängendes Thema, besonders aber in Gelsenkirchen. Einige Betroffene berichteten von Ihrer Situation. Sehr gefragt war Karl Tymister, der Leiter der Gelsenkirchener Arbeitsagentur, der sich die Zeit zur Diskussion genommen hatte und einige Betroffene zu Einzelterminen einlud. Die Caritas in Gelsenkirchen bemängelt seit einigen Jahren die Kürzung vieler arbeitsmarktpolitischer Instrumente für schwer Vermittelbare und tritt für einen öffentlich geförderten dritten Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose ein. Eine Forderung, der gegenüber sich einige der anwesenden Politiker offen zeigten. Aber auch andere Themen brachen die Gelsenkirchener zur Sprache wie das bedingungsloses Grundeinkommen, Pflege, die Benachteiligung Alleinerziehender, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sowie die Themen Integration, Chancengleichheit und Bildung. (ChG/CS)