"Wir schaffen das!" Als Bundeskanzlerin Angela Merkel im Sommer der Migration 2015 ihren legendären Satz sprach, leisteten die deutschen Hilfesysteme gerade Hand in Hand mit der Zivilgesellschaft erhebliche Anstrengungen, um den Ankömmlingen ihren Neuanfang in Deutschland zu erleichtern. "Hier in der Ruhrregion schaffen wir vieles", sagt Matthias Schmitt, Diözesan-Caritasdirektor in Essen, im Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre.
"Das Ruhrgebiet hat seit vielen Jahrzehnten gute Erfahrungen damit gemacht, Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter aufzunehmen und als neue Mitbürger in die Arbeitsprozesse und in unsere Stadtgesellschaft zu integrieren", sagt Schmitt. Auf diese Stärke konnten die Menschen im "Pott" auch in den letzten Jahren zurückgreifen, als Menschen aus Afghanistan, Armenien, Eritrea, Ghana, Irak, Iran, Nigeria, Serbien, Syrien und der Türkei in die Ruhrgebietsstädte kamen.
Rund 8.000 Ehrenamtliche haben sich bei der Caritas, in Pfarreien und an weiteren katholischen Anlaufpunkten des Bistums Essen für die Integration von Geflüchteten eingesetzt. In den Caritas-Beratungsdiensten standen die Ratsuchenden Schlange: 16.300 Beratungen leistete die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer von 2016 bis 2020. In der Sozialberatung wurden Geflüchtete 10.900mal beraten.
Das Bistum Essen legte im Jahr 2015 gemeinsam mit dem Caritasverband im Ruhrbistum einen dringend benötigten Flüchtlingshilfefonds auf, der Projekte der Beheimatung, Integration und Teilhabe förderte und inzwischen zum Sozialfonds erweitert wurde.
Ob Integration gelingt, hängt zu weiten Teilen davon ab, wie die beteiligten Menschen aufeinander zugehen: Das zeigen zwei Beispiele: Der gebürtige Syrer Marwan Mohamed, seit 20 Jahren in Deutschland, berät als Jurist bei der Caritas in Gelsenkirchen Neuankömmlinge aus Syrien zu Fragen der Integration und des Asylverfahrens - und kann sich dabei sein Spezialwissen zu syrischen Erfahrungen und deutschem Recht und seine eigenen Sprachkenntnisse zunutze machen. Die Caritas in Bottrop hat Menschen aus verschiedenen Kulturen an einen Tisch geholt und ihre kreative Ader geweckt - das Projekt "Dialog durch Kunst" wurde vom Land NRW gefördert.
Doch nicht alles ist Gold. Sorgen bereitet Diözesan-Caritasdirektor Matthias Schmitt, dass die wirtschaftlichen Kosten der Flüchtlingskrise und die islamistischen Terroranschläge der vergangenen Jahre das Sicherheitsgefühl vieler Menschen und ihr Vertrauen in die Demokratie beschädigt haben. "Derzeit kann man den Eindruck gewinnen, die Gesellschaft teile sich zwischen jenen, die die Integration der Geflüchteten für unsere Pflicht halten, und jenen, die Überfremdung fürchten und sich abschotten wollen", sagt Schmitt. "Dabei ist uns erstaunlich viel gelungen: NRW hat seit 2015 mehr als 390.000 Menschen neu aufgenommen, und fast jeder zweite hat inzwischen einen Job gefunden."
Hinweis: Mit dem Film ",Wir schaffen das‘ - eine Bilanz" (Länge: 15 Minuten) zeigt die Caritas in Nordrhein-Westfalen einen Ausschnitt ihrer Flüchtlingsarbeit: FILM.
Cordula Spangenberg