Deutscher Caritasverband / KNA
"Bei unseren Beratungsstellen im Ruhrgebiet häufen sich die Fälle, dass Flüchtlinge aufgefordert werden, zum Erstaufnahmeort zurückzukehren", so Jürgen Arschinow, Flüchtlingsexperte bei der Caritas im Ruhrbistum. Das kritisiert die Caritas. Denn noch fehlen entsprechende Regelungen auf Landesebene.
Ein aktuelles Beispiel: Ein syrischer Arzt, der gut Deutsch spricht, ist im Mai legal als anerkannter Flüchtling aus Thüringen ins Ruhrgebiet gekommen. Er bekam eine Wohnung und konnte sie mit Mitteln des Jobcenters einrichten. "Jetzt hat ihn die Ausländerbehörde aufgefordert, die Wohnung zu verlassen und in die ostdeutsche Kommune zurückzukehren. Dort würde er - mangels anderer Möglichkeiten - wieder in einer Flüchtlingsunterkunft wohnen", so Arschinow. Inzwischen gebe es täglich Fälle wie diesen, die zeigen, wie absurd und integrationspolitisch kontraproduktiv der Umgang mit der neuen Wohnsitzauflage sei. "So wird der ungesteuerte Binnentourismus nicht verhindert, sondern zum Schaden der Leute und der Integration noch gefördert".
Die Anwendung des Gesetzes ist Landes-Sache. Das Land NRW hat sich noch nicht positioniert, eine Durchführungsverordnung liegt bislang noch nicht vor. "Bei deren Erstellung muss die Landesregierung die Wohlfahrtsverbände beteiligen", fordert die Caritas. Die Verordnung müsse einerseits die nicht geregelte und zum Teil von anderen Kommunen nach dem Sankt Florians-Prinzip geförderte Zuwanderung ins Ruhrgebiet handhabbar machen. "Denn es gibt nicht ausreichend passenden Wohnraum in den Kommunen des Ruhrgebiets", so Arschinow. Andererseits müsste die Regelung Integration fördern, nicht unmöglich machen. "Insgesamt ist das Gesetz gerade an der Stelle nicht ausreichend durchdacht. Nacharbeit ist dringend erforderlich", so Arschinow.
Die Einführung der Wohnsitzauflage betrifft anerkannte Flüchtlinge und zwingt sie unter bestimmten Voraussetzungen, am Ort wohnen zu bleiben, zu dem sie während ihres Asylverfahrens zugewiesen wurden. Betroffen hiervon sind alle Flüchtlinge, die nach dem 1. Januar 2016 eine Anerkennung oder die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erhalten haben. (mik)
PI 072/2016 - Essen, den 12.08.2016