Der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrts-pflege NRW zeigt, dass mehr als 20,9 Prozent der SGB II-Leistungsempfänger/-innen im Gebiet des Bistums Essen sogenannte Aufstocker/-innen sind. Der größte Teil von ihnen ist trotz Erwerbstätigkeit auf Grundsicherungsleistungen angewiesen. Ein geringerer Teil erhält Sozialleistungen wie Kranken- oder Arbeitslosengeld.
Michaela Rueß, Direktorin des Caritasverbandes für das Bistum Essen: "Es ist skandalös, dass so viele Menschen aufstockende Leistungen beim Jobcenter beantragen müssen.” Hinzu kämen der Verlust von hochqualifizierten und gut bezahlten Industriearbeitsplätzen und die Ausweitung von billigen Dienstleistungsjobs. "Wir brauchen dringend eine Aufwertung von Arbeitsplätzen vor allem im häufig schlecht bezahlten Dienstleistungsbereich", so Rueß.
Der wachsende Niedriglohnsektor sorge zudem dafür, dass bei immer mehr Menschen das Einkommen nicht zur Versorgung der Familie ausreicht. Schon jetzt verdiene im Gebiet des Bistums Essen jeder Zehnte (10,08 Prozent) der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten lediglich 2.000 Euro brutto pro Monat und weniger. Dabei sind Frauen und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit nochmals benachteiligt. Der Frauenanteil im Niedriglohnsektor ist mit 14,84 Prozent fast doppelt so hoch wie der der Männer (8,11 Prozent). Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit stehen mit 22,29 Prozent im Vergleich sogar fast dreifach schlechter da als Deutsche (8,5 Prozent). Und das nicht nur im Niedriglohnsegment. Zu erklären sei das nur in Teilen mit fehlenden Qualifikationen bei Zugewanderten, so die Caritasdirektorin.
Es scheint offensichtlich, dass es strukturelle Diskriminierungen bei der Entlohnung gibt, indem Frauen und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit für die gleichen Jobs schlechter bezahlt werden. "Hier muss der Gesetzgeber stärker aktiv werden, um gerechte und angemessene Bezahlung aller Menschen zu gewährleisten. Zudem braucht es mehr Kinderbetreuungsangebote, damit sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen."
Die angegebenen Werte beziehen sich auf das Bistum Essen, zu dem der größte Teil des Ruhrgebietes gehört sowie das Märkische Sauerland, nicht Dortmund, Hagen und Herne, Recklinghausen nur zum Teil. (Anm. d. Redaktion)
Hintergrund:
Der Arbeitslosenreport NRW: Regionale Zahlen online verfügbar
Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Er erscheint mehrmals jährlich. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet heruntergeladen werden. www.arbeitslosenreport-nrw.de
Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW
In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote. www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de