Eine Zelle in der JVA Krümmede Christoph Grätz
Sie übernehmen mit ihrem Ehrenamt eine wichtige Brückenfunktion: Für viele Inhaftierte sind sie der einzige Kontakt zur Außenwelt. Das freiwillige Hilfsangebot ist einmalig im Bistum Essen. "Man bekommt ganz viel zurück". Wenn Ursula B. von ihrem Ehrenamt in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bochum erzählt, spürt man sofort, wie sehr ihr diese Aufgabe am Herzen liegt. Seit einem Jahr begleitet die 70-Jährige zweimal im Monat die Vater-Kind-Gruppe in der Haftanstalt, die von der Freien Straffälligenhilfe der Caritas Bochum angeboten wird. Außerdem hat sie die Betreuung eines Gefangenen übernommen.
"Schön, dass du da bist!"
Ursula B. ist eine von derzeit etwa 30 Männern und Frauen, die sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe engagieren. Sie unterstützen Familien- und Paarseminare, organisieren eigenständig Gruppenangebote und Gesprächskreise oder begleiten einzelne Inhaftierte. Mit dabei ist seit 2005 auch der pensionierte Ingenieur Hubert Haarmann. Nach einem sechsmonatigen Vorbereitungskurs half er zunächst einem entlassenen Häftling bei der Reintegration. Anschließend brachte er einem inhaftierten Kurden mit viel Geduld das Lesen und Schreiben bei. Aktuell führt er einmal in der Woche interessierte Häftlinge in das "Einmaleins der Technik" ein. Die Männer seien dankbar für dieses regelmäßige Angebot. "Einer hat mal zu mir gesagt: ‚Hier komme ich endlich mal auf andere Gedanken und kann für zwei Stunden abschalten'. Das war ein schönes Kompliment", erinnert sich der 64-Jährige.
Den Menschen sehen
Welche Straftat die Männer begangen haben, will Haarmann nicht wissen: "Ich sehe in den Inhaftierten nicht allein den Täter, sondern vor allem den Menschen. Und um diese muss sich ja auch jemand kümmern." Die Caritas-Mitarbeiter Birgitta Brämer und Wolfgang Frewer sehen das ähnlich: "Man muss die Inhaftierten so nehmen, wie sie sind und darf sie nicht vorverurteilen." Diese unvoreingenommene Haltung Straftätern gegenüber ist bei Weitem nicht selbstverständlich. Beide Ehrenamtliche haben schon des Öfteren erlebt, dass ihr Engagement bei anderen auf Befremden stößt. "Damit kann man nicht punkten. Es gibt ziemlich viele Vorurteile", sagt Haarmann nachdenklich.
Dennoch können sich die Rentner einen Alltag ohne die regelmäßigen Einsätze in der JVA Bochum nicht mehr vorstellen. "Solange meine Gesundheit es zulässt, werde ich weitermachen", ist Ursula B. entschlossen. "Ich habe hier viel für mich gelernt. Zum Beispiel kann ich mich jetzt viel besser abgrenzen und auch mal Nein sagen. Das ist mir früher schwer gefallen." Ein Erlebnis von Weihnachten ist ihr in besonderer Erinnerung geblieben: "Da hat mich einer der Männer, so ein richtiger Schrank, in den Arm genommen und hat zu mir gesagt: ,Schön, dass du da bist!' Wenn ich daran denke, wird mir immer noch ganz warm ums Herz."
Innenansicht, JVA KrümmedeChristoph Grätz
Wer sich ehrenamtlich engagieren möchte, kann Kontakt zur Freien Straffälligenhilfe des Caritasverbands für Bochum und Wattenscheid aufnehmen und sich beraten lassen. Bedingung für die Aufnahme der Betreuungsarbeit ist die Teilnahme an einem sechsteiligen Vorbereitungskurs, der am 5. April startet. Themen sind unter anderen das "Einmaleins des Knastes", "Nähe und Distanz" sowie "Suchtverhalten". Weitere Informationen unter www.caritas-bochum.de (Text: Caritas Bochum und Wattenscheid, Annette Borgstedt / mik)
Kontakt:
Caritasverband für Bochum und Wattenscheid - Freie Straffälligenhilfe, Wolfgang Frewer,
Telefon: 0234 / 30705-30, wolfgang.frewer@skm-bochum.de