"Wenn wir jetzt nichts machen, fährt das ganze System der Pflege gegen die Wand!” Ein Satz, den viele in der Altenpflege tätige Menschen sicher sofort unterschreiben. Doch Resignation im Blick auf die riesigen Probleme der Branche darf keine Option sein. "Wir holen uns unseren Beruf zurück”, forderten deshalb die Caritas-Referenten Frank Krursel und Marion Louven im Rahmen beim "Fachtag Ambulante Pflege” im Essener Diözesanverband. Wie das geschehen könne, wurde von drei Referenten vorgestellt, die mit Leidenschaft und Engagement "ihren Dienste neu gedacht” und notwendige Veränderungen vollzogen haben.
Thomas Kellermann, Leiter der Personal- und Organisationsentwicklung beim Caritasverband Arnsberg-Sundern, stellte die lebensphasen-orientierte Führungs- und Organisationsentwicklung in den Mittelpunkt der Überlegungen: "Wir müssen mehr die Situation der Mitarbeitenden in den Blick nehmen und einfach auch mal etwas ausprobieren anstatt Veränderungen so lange zu diskutieren, bis der Zug abgefahren ist”, sprach er den anwesenden Pflegedienstleitungen aus der Seele.
Veränderungen kosten Geld, lohnen sich aber
Stefanie Freimuth-Hunfeld vom Caritas-Pflegedienst Unterems konnte ihrerseits von zahlreichen positiven Veränderungen nach der Umstrukturierung ihres Pflegedienstes mit rund 120 Mitarbeitenden berichten. Sie setzt auf die Wirkung kleiner Teams von maximal sieben bis neun Pflegekräften, die sich weitestgehend selbst organisieren und entsprechende Verantwortung übertragen bekommen. Eine Konsequenz der eigenständigen Gestaltung der Dienst- und Urlaubsplanung war die Halbierung der Krankheitstage. "Die Leute fühlen sich verantwortlich und bleiben nicht wegen eines kleinen Unwohlseins gleich ein paar Tage zu Hause.” Zahlreiche technische Optimierungen und zusätzliche Vergünstigungen - eigene Handys, diverse Rabatte bei örtlichen Händlern - sorgten dafür, dass der Pflegedienst derzeit kein Fachkräfteproblem habe und im Gegensatz zu Wettbewerbern weiter Kunden aufnehmen könne. "Allerdings kosten solche Veränderungen und Investitionen durchaus Geld - wir machen zwar jedes Jahr Gewinn, haben aber nicht so eine hohe Rendite wie andere Unternehmen. Das ist aber auch nicht unser Ziel: Unsere Vorgabe ist die schwarze Null sowie zufriedene Kunden und motivierte Mitarbeitende!”
Sie stehen für Veränderungen in der Pflege: Mit zahlreichen Best Practise-Beispielen gaben die Referenten beim Caritas Fachtag Anregungen, wie sich ein Pflegedienst sinnvoll und mitarbeiterorientiert für die Zukunft aufstellen kann. (v.l.) Thomas Kellermann, Stefanie Freimuth-Hunfeld, Frank Krursel, Marion Louven, Bärbel Tervoort und Pia Herbers.Hubert Röser
Von ähnlichen Erfahrungen konnten auch Bärbel Tervoort und Pia Herbers aus Ahaus berichten: Bei einer Mitarbeitendenbefragung hatte sich herausgestellt, dass Selbstständigkeit und eigenständiges Arbeiten als wesentlich für die eigene Arbeitszufriedenheit erachtet wurden. Wenig Anklang fanden dagegen die strikten Dienstpläne. In der Konsequenz wurden auch in Ahaus die Teams verkleinert und mit neuen Aufgaben betraut, die ein Mehr an Verantwortung mit sich brachten. "Wir vertrauen unseren Pflegekräften - und dieses Vertrauen zahlt sich aus!”
Zahlreiche Nachfragen der anwesenden Pflegedienste bei allen Referaten machten deutlich, dass mit solch praxis-orientierten Ansätzen essentielle Veränderungen möglich sind: "Man muss aber bereit sein, die Scheuklappen abzunehmen und einfach mal etwas auszuprobieren - selbst wenn es bei Veränderungen auch immer "etwas ruckeln” kann”, so das Fazit einer gelungen Veranstaltung mit vielen Best Practise-Beispielen. (Hubert Röser)