Es ist eine große Aufgabe, ein Pflegekind in die eigene Familie aufzunehmen und damit in sein Leben zu lassen. In der aktuellen Podcast-Folge der #caritalks-Sendereihe erzählen Saskia (28) und Benjamin (37) Karkutt von ihrer "fast normalen" Familie. Die beiden Eheleute haben sich auf das Wagnis Pflegefamilie gleich mehrfach eingelassen.
https://caritalks.podigee.io/98-caritalks-pflegeeltern-karkutt-berichten
Saskia und Benjamin Karkutt betreuen in ihrem Haushalt neben ihren eigenen zwei Kindern drei PflegekinderChristoph Grätz | Caritas Essen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Pflegschaft für ein Kind zu übernehmen - von der klassischen Vollzeitpflege bis zu einer kurzzeitigen Aufnahme. Bei den Karkutts leben neben ihren zwei leiblichen Kindern Celine (15) und Noah (6) noch drei Pflegekinder. Für das jüngste einjährige Kind haben die Karkutts eine Bereitschaftspflege übernommen, für das dreijährige Geschwisterkind eine Kurzzeitpflege und für ein vierjähriges Kind die Vollzeitpflege.
Mit offenen Armen
"Unsere Pflegekinder gehören zur Familie, da wird kein Unterschied gemacht. Ob Dauer-, Bereitschafts- oder Kurzzeitpflegekinder, alle werden hier mit offenen Armen empfangen und gehen auch überall mit hin," sagt Benjamin Karkutt. Wie es überhaupt dazu kam und welche Vorbilder sie hatten, ist für Saskia und Benjamin ein wichtiger Punkt. Saskia erzählt: "Die beste Freundin meiner Mutter hat über Jahre immer Bereitschaftspflegekinder aufgenommen und bei unseren Treffen war dann oft ein neues Kind dabei. Ich bin damit aufgewachsen." Für Benjamin, der selbst als Pflegekind groß geworden ist, war aufgrund seiner eigenen Erfahrung von Anfang an klar, dass er auch Verantwortung für ein Pflegekind übernehmen wollte.
Beim Tanzen im Karnevalsverein finden Saskia und Benjamin Ausgleich zum oft stressigen Alltagprivat
Tanzen als Ausgleich
Ein typischer Tag bei den Karkutts ist eng getaktet, damit Familie und Berufsleben unter einen Hut passen. In der ersten Zeit hat Saskia noch ihren Beruf als Arzthelferin ausgeübt, jedoch dann mit der Aufnahme des Bereitschaftspflegekindes ihre Arbeit aufgegeben. Während ihr Mann als Techniker immer in der Frühschicht arbeitet, versorgt sie die Kinder und fährt sie zur Schule in die Kita oder zur Tagesmutter, geht einkaufen, erledigt den Haushalt und nimmt dann therapeutische, Arzt-, Vorsorge- und Impftermine wahr. Bei der großen Verantwortung für die eigenen und weitere Kinder ist die Pflege der Beziehung der Eheleute untereinander wichtig. Als Ausgleich zum Familienleben tanzen Saskia und Benjamin im Karnevalsverein.
Kontakt zu den leiblichen Eltern
Benjamin Karkutt ist froh darüber, dass die Eltern ihres Dauerpflegekindes gut mit ihnen zusammenarbeiten. Das sei keine Selbstverständlichkeit, wie er aus seiner ganz persönlichen Erfahrung weiß. Er empfiehlt Menschen, die sich für die Aufnahme eines Pflegekindes interessieren, ein Seminar zu besuchen. "Man muss zum Beispiel bereit sein, sich mit den leiblichen Eltern auseinandersetzen, mit ihnen in Kontakt zu treten und Besuchskontakte zu ermöglichen. Wer dazu nicht bereit ist, für den ist die Übernahme einer Pflegschaft nichts."
Der Alltag bei den Karkutts ist eng getaktet: Kita, Schule, Haushalt, Arbeit Christoph Grätz | Caritas Essen
Engmaschige Hilfe und Begleitung
Pflegeeltern werden mit ihrer Aufgabe nicht alleingelassen. Die Pflegekinderdienste der Caritas und anderer Organisationen unterstützen sie dabei. So werden angehende Pflegefamilien mit Kursen darauf vorbereitet, in denen es um unterschiedliche Themen geht, wie etwa kindliche Entwicklung und Urvertrauen. Ziel ist es, Verständnis für die Situation der Kinder zu entwickeln, die teils auch mit sehr negativen Erfahrungen belastet sind. Danach begutachten die Fachleute die Wohnsituation der angehenden Pflegefamilie. "Wenn das Pflegekind eingezogen ist, gibt es erstmal eine Eingewöhnungszeit, die variiert, je nachdem, wie gut es im Alltag funktioniert", erläutert Benjamin Karkutt.
Für die Begleitung durch den Fachdienst der Caritas Oberhausen hat Saskia Karkutt nur lobende Worte: "Egal was wir haben, wir können uns immer an unsere Beraterin wenden." Die Caritas-Beraterin hilft bei der Kommunikation mit Behörden, kümmert sich um Vollmachten vom Jugendamt oder den leiblichen Eltern, vermittelt bei möglichen Konflikten und entlastet damit die Pflegeeltern. Darüber hinaus organisiert der Pflegekinderdienst regelmäßige Treffen, auf denen sich Pflegeeltern untereinander austauschen und ihre Erfahrungen teilen können.
Familienleben - einfach toll!
Welche finanzielle Unterstützung das Jugendamt gibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel, ob die Kinder beim Einzug ausreichend mit Kleidung versorgt sind oder wie die Wohnung ausgestattet ist. Außerdem erhalten die Pflegeeltern ein Pflegegeld. Für Familie Karkutt ist das jedoch nicht entscheidend. Sie finden das quirlige Leben im Haus "einfach toll!".
Wer sich für die Aufnahme eines Pflegekindes interessiert, findet hier Adressen und weitere Informationen zu den Adoptions- und Pflegekinderdienst im Netzwerk der Caritas im Bistum Essen: Adoptions- und Pflegekinderdienst
Weitere Podcast-Episoden zum Thema "Pflegekinder"
In der caritalks-Episode #76 Platz für ein Kind, im Haus und im Herzen spricht Markus Lahrmann mit Melanie Plag, die den Pflegekinderdienst des Sozialdienstes katholischer Frauen in Ahlen leitet. Sie erklärt, welche Voraussetzungen künftige Pflegeeltern mitbringen sollten und wie der Fachdienst sie im Alltag mit dem Pflegekind begleitet.
In der nächsten caritalks-Episode #99 spricht Christoph Grätz mit Celine, der leiblichen Tochter von Benjamin Karkutt, die aus ihrem Alltag als älteste Schwester in dieser "fast normalen" Familie erzählt. Die Episode wird Anfang Februar veröffentlicht.
caritalks ist der Podcast zu sozialen Themen der Caritas in NRW. In mittlerweile fast 100 Folgen berichtet die Redaktion über Menschen, Positionen und Projekte aus dem Caritas-Netzwerk in NRW.