Ruhrgebiet/Märkisches Sauerland. "Die wieder aufflammende Debatte um eine Arbeitspflicht für Geflüchtete trägt nicht dazu bei, die Akzeptanz schutzsuchender Menschen in unserer Gesellschaft zu fördern, sondern bedient vielmehr das Vorurteil der angeblich faulen Asylbewerber und -bewerberinnen. Inmitten der Gemengelage von Zuwanderungsbegrenzung, dem Narrativ gesellschaftlicher Überforderung und europäischer Abschottungspolitik wirken solche Maßnahmen populistisch, aber wenig integrationsfördernd", kritisiert Stefanie Siebelhoff, Direktorin des Caritasverbandes für das Bistum Essen.
Wie die NRZ in ihrer gestrigen Ausgabe vom 29. Februar berichtet, will die Stadt Essen Asylbewerber zukünftig zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten. Die in Essen sowie zuvor bereits in Thüringen und auf dem letzten "Flüchtlingsgipfel" diskutierten verpflichtenden Arbeitsdienste für Geflüchtete sind keine neue Idee und zum Teil bereits im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehen. Auch rechtlich ist es zumindest innerhalb von Gemeinschaftsunterkünften möglich, dort untergebrachte Asylsuchende beispielsweise zur Pflege von Grünanlagen oder zur Reinigung des Gebäudes heranzuziehen.
Für Caritas-Direktorin Siebelhoff führt die Diskussion um verpflichtende Arbeit für Geflüchtete am eigentlichen Kern vorbei: "Die meisten Geflüchteten möchten sich integrieren und arbeiten, sie möchten Teilhabe und sich als wertvolles Mitglied in unserer Gesellschaft erleben. Mit Sanktionen verknüpfte Pflichtdienste hingegen haben genau den gegenteiligen Effekt."
Gefahr eines neuen Niedriglohnsektors
Siebelhoff sieht zudem die Gefahr, dass ein neuer Niedriglohnsektor entsteht, in welchem schutzsuchende Menschen den gesellschaftlichen Arbeitskräftemangel ausbaden sollen. "Was wir eigentlich brauchen, sind mehr sozialversicherungspflichtige Jobs". Deshalb müsse es darum gehen, Hürden abzubauen, um Geflüchteten den Zugang in den regulären Arbeitsmarkt zu ermöglichen und damit die Integration zu fördern, fordert Siebelhoff. Davon profitiere auch die unter dem Arbeitskräftemangel leidende Wirtschaft.
Dass Arbeit ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Integration ist, steht für die Caritasdirektorin außer Frage: "Wir sprechen uns deshalb für nachhaltige allgemeinwohlorientierte Arbeitsmöglichkeiten für Geflüchtete aus, die eingebettet in Integrationskonzepte den Zugang zum regulären Arbeitsmarkt vorbereiten. Solche Arbeitsgelegenheiten dürfen werden reguläre Arbeitsplätze verdrängen, noch die Grundsätze von Gleichbehandlung und gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit verletzen. Integration gelingt vor allem dann, wenn Geflüchtete und nicht geflüchtete Menschen zusammenarbeiten." (nvb)
Der Caritasverband für das Bistum Essen
Vom Ruhrgebiet bis ins Märkische Sauerland - zum Netzwerk des Caritasverbands für das Bistum Essen gehören rund 750 Einrichtungen und Dienste, wie Krankenhäuser, Pflegeheime, ambulante Dienste, Kindertagesstätten, Einrichtungen der Jugend- und Behindertenhilfe sowie Beratungsstellen. In den angeschlossenen Fach- und Ortsverbänden sind rund 34.000 hauptamtlich Mitarbeitende sowie 5.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Als katholischer Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege versteht sich der Caritasverband für das Bistum Essen als Anwalt und Partner Benachteiligter, als Mitgestalter der Sozialpolitik und als Förderer sozialen Bewusstseins. www.caritas.ruhr