Das Kinder- und Jugendhaus St. Elisabeth in Gelsenkirchen hat das Siegerpodest beim ersten „Beteiligungspreis“ der AGkE erklommen: Mit ihrem jährlichen „Parti-Wochenende“ konnten sie eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass echte Partizipation möglich ist – wenn man nur will und seine Gesprächspartner ernst nimmt. Hubert Röser | Caritas
"Kinder an die Macht" hieß es bereits vor fast 25 Jahren in dem berühmten Lied des Bochumer Rockbarden Herbert Grönemeyer. Doch ganz so einfach ist das nicht, weiß Reinhild Mersch, Leiterin der Abteilung Beratung, Ehrenamt & Integration bei der Caritas im Bistum Essen: "Viel zu oft werden Kinder und Jugendliche in ihren Rechten beschnitten oder erhalten nicht die Dinge, die ihnen zustehen." Dort wo Erwachsene Entscheidungen treffen, von denen Kinder betroffen seien, würden deren Wünsche und Bedürfnisse oftmals nicht ausreichend gehört.
Positive Ansätze stärken
Doch gebe es auf der anderen Seite durchaus - teilweise gesetzlich geforderte - Ansätze, wie die Partizipation (Mitwirkung) von Kindern und Jugendlichen gefördert werden könne. Um diese Ansätze zu stärken, hat die "Arbeitsgemeinschaft Katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehung und Beratung im Bistum Essen" (AGkE) in diesem Jahr erstmalig den "Beteiligungspreis" ausgeschrieben: Heime, Offene Ganztagsschulen (OGS) und Kinder und Jugendliche, die mit Ihren Familien durch ambulante Erziehungshilfe betreut werden, konnten sich mit bereits realisierten Projekten oder Ideen für zukünftige Initiativen bewerben.
Wichtig war in erster Linie, dass die Ideen von den Kindern/Jugendlichen selbst kamen und nicht von Erwachsenen, die aus ihrer Sicht meinten, dieses oder jenes sei doch eine "prima Partizipationsmaßnahme".
Teilgenommen haben letztendlich elf Einrichtungen und Dienste, mit spannenden und völlig unterschiedlichen Vorschlagen. "Die Wahl war schon nicht einfach", meinte die neunjährige Lucie Grunwald aus Gelsenkirchen, die mit zur Jury gehörte.
Aber es gab ja glücklicherweise einen Kriterienkatalog, mit dem genau ermittelt werden konnte, ob ein Projekt nun preisverdächtig war oder nicht. Zu den Kriterien gehörten unter anderem die Fragen: "Regt das Projekt zur Nachahmung an und ermutigt es, Beteiligung in anderen Einrichtungen zu leben?" oder "Inwieweit haben die Kinder und Jugendlichen ihr Thema selbst gewählt?"
Die Qual der Wahl
Letztendlich war die Entscheidung so schwierig, dass sich die Jury-Mitglieder nicht auf drei abgestufte Preisträger einigen konnten und stattdessen den ersten Platz zweimal vergaben: Einmal an die Offene Ganztagsschule Pfefferacker in Gelsenkirchen und einmal an das Kinder- und Jugendhaus St. Elisabeth, ebenfalls in Gelsenkirchen. Den dritten Platz belegte die OGS Fährmannschule aus Duisburg.
"Parti-Wochenende" - und zwar mit "i", nicht mit "y"!
Ausgezeichnet wurde das Kinder- und Jugendhaus St. Elisabeth für sein "Parti-Wochenende" - und zwar mit "i", nicht mir "y", wie die 18-jährige Stella Schäfer erklärt. Sie erläutert das Projekt: "Einmal im Jahr fahren die Sprecher der gesetzlich vorgeschriebenen Gruppensprecher zusammen mit dem hautberuflichen Personal weg, um miteinander über Dinge zu sprechen, die nicht so gut laufen oder die wir verändern möchten. Flächendeckendes WLAN in unseren Häusern - das war so ein Thema. Am Anfang hat es geheißen, das geht nicht, das ist zu teuer. Aber wir haben immer wieder begründet, warum wir das brauchen - etwa um unsere Schulaufgaben zu machen, um Dinge für unsere Einrichtung zu organisieren - und weil das heute einfach zum ganz normalen Leben dazu gehört. Es hat eine Weile gedauert, aber dann haben wir unseren Wunsch letztlich doch durchgesetzt, weil wir ihn wirklich gut begründen konnten!" Solche und andere Probleme, die bei den üblichen Gruppenleitertreffen manchmal nicht zu Ende diskutiert werden können, kommen beim "Parti-Wochenende" auf den Tisch. Stella: "Man hört uns zu, man nimmt uns ernst - das ist eine wirkliche gute Erfahrung, die ich da gemacht habe." Dann lacht sie: "Aber wir sind an dem Wochenende ja nicht zu Hause, die Erwachsenen können da nicht einfach so weg - sie müssen sich uns schon stellen!"
Kinderkonferenzen und Schulhofgestaltung
Die ebenfalls auf Platz 1 gesetzte OGS Pfefferackerschule aus Gelsenkirchen kennt bereits seit geraumer Zeit so genannte Kinderkonferenzen, an denen jeweils aus jedem Schuljahrgang zwei gewählte Kindervertreter teilnehmen. Durch diese Zusammenarbeit wurden z.B. allgemeine Verhaltensregeln aufgestellt und des Weiteren auch aktuelle Belange und Probleme mit den Kindern diskutiert. Im Rahmen des Projekts "Kids Planet. Wünsch dir was!" wurde dieses konzept weiter entwickelt und auf die Ferien ausgeweitet. "Die Kinder sollen frei über ihre Ferien bestimmen dürfen und das machen können, worauf sie Lust haben. Denn schließlich müssen sie in der Schule schon oft genug Dinge machen, die ihnen keinen Spaß bereiten, da sollten sie doch in den Ferien nicht auch noch zu etwas gezwungen werden müssen", heißt es in der Projektbeschreibung.
Das drittplatzierte Projekt "Unser Schulhof" der OGS Fährmannschule aus Duisburg hatte zum Ziel, das Schulgelände mit den Kindern zu bearbeiten, um es für sie besser nutzbar zu machen, mehr Spielmöglichkeiten zu generieren sowie den Schulhof attraktiver zu gestalten. Erste Erfolge sind bereits sichtbar: Der Fußballplatz wurde schon aufgebessert und ein neuer Schulgarten gestaltet
Wiederholung fest im Blick
Mit der Verleihung des ersten "Beteiligungspreises" ist das Engagement nicht abgeschlossen: "Wir planen, in drei Jahren eine Neuauflage des Wettbewerbs zu machen", erklärt Reinhild Mersch mit Blick auf das gute Ergebnis der Premierenveranstaltung. "Die hohe Beteiligung und die wirklich ideenreichen Beiträge legen das nahe. Und wir wollen auf jeden Fall weiterhin Initiativen unterstützen, die sich mit Engagement dafür einsetzen, dass Kinder und Jugendliche ihre Recht wahrnehmen können!" (Hubert Röser)