Dass die ganz großen Themen auch die ganz Kleinen interessieren, das haben schon die jüngsten der 70 Teilnehmer*innen des achten Kinder- und Jugendkongresses am 13. September in der Fürstin-Franziska-Christine Stiftung in Essen Steele eindrücklich bewiesen. Kinder und Jugendlichen im Alter von 6 bis 20 Jahren diskutierten in Workshops über Themen wie Klimagefühle und Umweltschutz, Rechtsradikalismus, Rassismus, Kinderrechte, und den Umgang mit sozialen Medien. Die Kinder und Jugendlichen waren aus sieben Kinderheimen aus dem Netzwerk der Caritas im Bistum Essen an diesem Samstag nach Essen-Steele gekommen.
Diskussionen im Workshop „Rechtsradikalismus im Alltag erkennen“Caritas / Christoph Grätz
"Ich will die anderen bei der Nutzung von Sozialen Medien auf Symbole und Emojis hinweisen, die einen rechtradikalen Hintergrund haben und mit ihnen über Alltagssituationen reden, wie man z.B. auf rechtsradikale Sprüche reagieren kann," sagt Felix, der den Workshop zum Thema rechte Positionen, Rechtsradikalismus und Rassismus gemeinsam mit dem Psychotherapeuten Fred geleitet hat. Der 19-jährige Felix, der momentan in einer Trainingswohnung wohnt, hat sich in der Schule intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, und ihm ist es ein Anliegen, die Kinder und Jugendlichen auf dem Kongress stark zu machen und für rechtsradikale Äußerungen und Symbole zu sensibilisieren.
Eine gefrustete Generation?
"Ich möchte versuchen ein Bewusstsein zu schaffen und zum Faktencheck motivieren, insbesondere bei TikTok. Ich beobachte Frust und eine Überforderung in meiner Generation, angesichts der vielen existentiellen Fragen um die Zukunft wie Klimawandel, Armut, Sicherheit, Konflikte und Rente. Frust und Überforderung sind ein Nährboden für rechtsradikale Meinungen, die dann z.B. die Schuld für Missstände auf Minderheiten schieben.
Die 18-jährie Malina sagt mit Hinblick auf die NRW-Kommunalwahlen, die am folgenden Tag stattfanden: "Rechtsradikal zu wählen, ist schlecht für die Gesellschaft, weil es eine sehr klare Ausgrenzung von Menschen bedeutet. Dabei sind wir doch alle Menschen, wir sind alle gleich und wir sollten alle zusammenhalten, damit wir gut zusammenleben können."
Begeisterung für das Klimathema
Emilio (17) aus Bottrop hat sich gemeinsam mit FSJlerin Merle vom Kinderheim der Franziska-Christine-Stiftung spontan bereit erklärt, den Workshop "Umweltschutz und Klimagefühle" zu leiten. Gefühle wie Angst, Wut, Schuld, Trauer, aber auch Hoffnung bestimmten unsere emotionale Beschäftigung mit diesem großen Thema, erklärt er. "Die Kinder und Jugendlichen haben Ihre Gefühle auf Karten geschrieben. Es waren nicht nur negative Gefühle wie Wut, auch Hoffnung war dabei. Der Zugang zum Klimathema über Emotionen ist persönlicher. Ich nehme von heute mit, dass man auch Kinder schon für das Thema begeistern kann."
Goldmedaillen für die Klimaschützer*innenCaritas / Christoph Grätz
So haben sich Lucian (9) und Jerome (10) fest vorgenommen, auf ihren Müll zu achten. Jerome sagt: "Ich will darauf achten nicht mehr so viel wegzuschmeißen, das ist ja schlecht für die Umwelt. Man könnte die Sachen ja vielleicht auch noch gebrauchen. Ich finde es nicht gut, dass so viel Müll in die Meere kommt, die Tiere verschlucken das und können daran sterben." In einem Quiz am Ende des Workshops, konnten die sieben Teilnehmerinnen des ersten Durchgangs ihr Wissen testen. Am Ende erhielt jeder eine Medaille, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann stolz präsentierten.
Kinderrechte - ein Thema für die Mitbestimmung
Im Workshop "Kinderrechte - jetzt erst recht!" beschäftigten sich die Teilnehmenden erstmal mit den internationalen Kinderrechten, wie Schutz in Kriegen und auf der Flucht, den Schutz vor Gewalt um das Recht auf Unterkunft, Fürsorge, Gesundheit, Gleichbehandlung und Privatsphäre. Ganz praktisch wurde es dann, als es um die Wahrung der Privatsphäre ging und darüber diskutiert wurde, wer einen Schlüssel zu welchen Räumen haben sollte. Schon die ganz jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben hier kräftig mitdiskutiert und Ihre Wünsche und Bedürfnisse angemeldet. Fachreferentin Lisa Schubert vom Caritasverband für das Bistum Essen fasst Ihre Eindrücke aus dem Workshop zusammen: "Für mich ist eine Frage ganz zentral: Wie können wir Kinder und Jugendliche noch mehr an der Politik beteiligen, die kommunal stattfindet?"
Im Workshop zum Thema soziale Medien haben die Referent*innen die Kinder und Jugendlichen für einen wohl überlegten Umgang mit Sozialen Medien sensibilisiert. Es ging um kritischen Umgang mit Informationen bzw. Fakenews, und um die Möglichkeiten, die Kinder und Jugendliche haben, um auf Hatespeech und Mobbing zu reagieren.
Ein wichtiges Thema - Beteiligung
Gunnar Brock, Leiter des St. Barbara Kinderheimes der Caritas Duisburg begrüßte, dass dem Thema Partizipation inzwischen auch bei einem Großteil der Jungendhilfeträger und bei den Landschaftsverbänden (LWL und LVR) eine größere Bedeutung beigemessen wird zB. im Projekt "Gehört werden" von Jugend vertritt Jugend (JvJ). Die sei gesetzlicher Auftrag.
Er berichtete von der Veranstaltung "Dein Wort zählt" organisiert durch das Duisburger Jugendamt, Trägervertretern der Kinder- und Jugendhilfe, sowie von Jugendlichen aus der Jugendhilfe. Hier trafen sich auf Stadtebene ca. 60 Kinder und Jugendliche aus Maßnahmen der Jugendhilfe, um zu den Themen wie z.B. Feedback an das Jugendamt, Hilfeplanung und Kinderechte zu diskutieren. Brock: "Ein Modellprojekt nicht nur für das Ruhrgebiet! Hoffentlich! Der Kinder und Jugendkongress hatte - zwar anfangs noch unter anderem Namen - bereits vor acht Jahren angefangen, das Thema Mitbestimmung mit den Kindern- und Jugendlichen in unseren Heimen zu diskutieren. Wir haben erkannt, wie wichtig das Thema Beteiligung ist und welche Chancen drin bestehen."
Impulse für die sozialpolitische Arbeit
Lisa Schubert begrüßt die KongressgästeCaritas / Christoph Grätz
Aber was passiert mit den Ergebnissen? Alle vier Workshops waren aufgerufen, ihre Ergebnisse zu dokumentieren und aufzuschreiben, was ihnen wichtig ist. "Diese Ergebnisse gehen nicht verloren, sondern sie werden gesammelt, aufbereitet und an die Leitungen der Kinderheime im Netzwerk der Caritas im Bistum Essen weitergegeben", erklärt Lisa Schubert. Sie zeigte sich beeindruckt von dem großartigen Engagement der 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. "Ich nehme hier wichtige Impulse für meine sozialpolitische Arbeit mit den Trägern und für die Auseinandersetzung in den politischen Gremien mit. Mir ist es wichtig, dass die Meinungen und Positionen der Kinder und Jugendlichen Gehör finden. "
Sie fasst die Stimmung der Beteiligten zusammen und resümiert: "Einige Kinder und Jugendlichen haben mir erzählt und dass sie neue Freundschaften geschlossen haben und ich erlebe sie als sehr neugierig und interessiert. Diese Veranstaltung ist wertvoll, denn die Themen sind wichtig und auch die Gewissheit für Kinder und Jugendliche, dass ihr Wort zählt und sie in ihren Kinderheimen aber eben auch in der Gesellschaft etwas beizutragen haben."
Info
Die Initiatorinnen des Kinder- und Jugendkongresses, (Pvl.) Jens Ruske: Pädagogische Leitung Kinderheim der Fürstin Franziska-Christine-Stiftung; Gunnar Brock: Leiter, St. Barbara Kinderheim Caritasverband Duisburg e.V.; Lisa Schubert: Diözesan-Referentin Kinder und Jugend beim Caritasverband für das Bistum Essen; Corinna Stanioch: Caritasverband Duisburg e.V., Bereichsleitung Jugend, Familie und Teilhabe und Leitung Schifferkinderheim Duisburg; Martin Roth: Stellvertretende Einrichtungsleitung Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung St. Josef , GelsenkirchenCaritas / Christoph Grätz
Der 8. Kinder- und Jugendkongress wurde mit 950 Euro kofinanziert aus Mitteln der Caritas Stiftung im Bistum Essen. Der Kongress findet seit acht Jahren regelmäßig im September oder Spätsommer statt und wird veranstaltet von der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft der Erziehungshilfen AGkE im Bistum Essen.