Ruhrgebiet/Märk. Sauerland. "In einer auf Konsum ausgerichteten Welt muss der Umgang mit Geld, Handy und Internet gelernt werden", sagt Angelika Wagner, Referentin für Schuldnerberatung beim Caritasverband für das Bistum Essen. Nur so könne dem Verschuldungsrisiko, das von "buy now, pay later"-Angeboten ausgehe, begegnet werden, so Wagner anlässlich der derzeit laufenden Aktionswoche Schuldnerberatung vom 10. bis 14. Juni.
Unter dem Motto "Buy now - Inkasso später" macht die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) auf die Gefahren von Online-Käufen mit Zahlungsziel aufmerksam. "Viel zu viele, auch junge Menschen, unterschätzen das Risiko, das von scheinbar so verlockenden Angeboten ausgeht, jetzt etwas im Internet zu bestellen und es später zu bezahlen. Das Risiko, den Überblick zu verlieren und in eine Schuldenfalle zu geraten, ist bei diesen Angeboten extrem hoch", erklärt die Caritas-Referentin.
Auch junge Menschen sind betroffen
Für betroffene Haushalte - darunter seien auch viele junge Menschen - sei es wichtig, wieder einen Überblick über die finanzielle Situation zu bekommen und eine gute Budgetplanung zu erstellen, wollen sie aus der Schuldenfalle heraus. "Das ist kein einfacher Weg, der auch die Schuldnerberatungsstellen vor große Herausforderungen stellt. Daher fordern wir neben einer finanziellen Allgemeinbildung von klein auf viel mehr Transparenz bei ´buy now, pay later`-Angeboten", so Wagner. Mit den vielen verschiedenen Finanzierungs- und Zahlungsmöglichkeiten der Anbieter verschwimme für die Käuferinnen und Käufer die Grenze zwischen Rechnungskauf und Ratenfinanzierung. Die Zahlung laufe dann häufig über Drittanbieter, bei denen mit dem Kauf unter Umständen sogar ein Kredit abgeschlossen werde. "Das wird so jedoch im Kaufprozess nicht klar kommuniziert. Das kritisieren wir vor allem. Auch Angaben zu anfallenden Zinsen und Gebühren gibt es häufig nicht. Transparenz bei Zinsen und Kosten im Zusammenhang mit solchen Geschäften dürfen nicht im Kleingedruckten stehen, sie müssen für alle verständlich unmittelbar vor dem Bezahlprozess erfolgen. Da muss der Gesetzgeber tätig werden", erläutert die Caritas-Referentin.
Prävention ausbauen und absichern
Wenn Menschen in die Verschuldung geraten, dürfe der Zugang zur Schuldnerberatung nicht abhängig von örtlichen Regelungen sein. "Daher fordern wir einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle", betont Wagner. Ebenso wichtig sei es, die Präventionsarbeit der Schuldnerberatungsstellen finanziell und institutionell abzusichern, denn "vorbeugen ist hier besser als heilen, es erspart vielen Menschen die drohende Armut." Der Ansatz der sogenannten "Sozialen Schuldnerberatung" sei ein ganzheitlicher, der die Menschen nicht nur in ihrer wirtschaftlichen, sondern auch in ihrer psychosozialen Notsituation stabilisiere. "Das ist auch ein volkswirtschaftlich messbarer Mehrwert", ist Wagner überzeugt.
Podcast "caritalks" - Schuldnerberatung
In der aktuellen Podcast-Episode #80 stellt Schuldnerberaterin Silvia Pohl aus Oberhausen ihre Arbeit vor und erklärt, warum es oft um viel mehr als die akute finanzielle Notsituation geht und wie sie den Menschen hilft, wieder festen Boden unter den Füßen zu gewinnen.
Schuldnerberatung im Bistum Essen
Insgesamt fünf Schuldnerberatungsstellen im Bistum Essen befinden sich in katholischer Trägerschaft, davon drei bei den örtlichen Caritasverbänden Bochum, Duisburg und Oberhausen sowie zwei bei den Fachverbänden der Caritas, dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Essen und dem Sozialdienst katholischer Frauen und Männer (SKFM) in Wattenscheid.
Hintergrund der Aktionswoche
Veranstaltet wird die Aktionswoche von der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Verbände (AG SBV). Diese vertritt etwa 1.400 gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen in Deutschland, in Trägerschaft der Verbraucher- und Wohlfahrtsverbände oder der Kommunen bzw. als Mitglied in einem der Verbände (Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Verbraucherzentralen). Im Gegensatz zu gewerblichen Anbietern ist die gemeinnützige soziale Schuldnerberatung für die überschuldeten Menschen kostenfrei.