Duisburg
(cde)
Zwei Jahre hat
sich die „Familienhilfe sofort vor Ort“ (FsvO) in dem stillgelegten
Kindergarten Maria Himmelfahrt in Duisburg-Hüttenheim bewährt und bedürftige
Familien unterstützend begleitet. Jetzt hat das Jugendamt die Projektlaufzeit
um weitere zwei Jahre verlängert. Alle Beteiligten atmen erleichtert auf,
schließlich nimmt gerade jetzt, wo das Vertrauen in dieses „niederschwellige“
Angebot etabliert ist, die Nachfrage stetig zu.
„Mit diesem präventiven Projekt verfolgen wir in der kommunalen
Jugendhilfeplanung in Kooperation mit dem Caritasverband Duisburg und vier
weiteren Wohlfahrtsverbänden das Ziel, die sozialen Strukturen in den
ausgewählten Ortsteilen zu stärken“, so Jugendamtsleiter Thomas Krützberg. „Ohne
lange Wege stehen so Menschen in Not im unmittelbaren Sozialraum kompetente
SozialarbeiterInnen zur Verfügung, die schnell die erforderlichen
Hilfestellungen, Beratungen und Unterstützungsleistungen anbieten können.“
Auch zweisprachig, denn der Anteil
an MigrantInnen ist hoch in den benachteiligten Stadtteilen Hüttenheim und
Wanheim. Immer dienstags findet der Gesprächskreis der türkischen Frauen statt,
die noch immer mit der deutschen Sprache ringen. Längst hat sich dieser zu
einer Theatergruppe weiterentwickelt, die spielerisch Alltagssituationen probt:
So gibt es Drehbücher für den Einkauf, den Besuch beim Hausarzt oder – für die
Einbürgerungsprüfung bei der Ausländerbehörde: Aus dem Stehgreif führen
die Teilnehmerinnen eine entsprechende Szene auf; 300 Fragen sind in einer
Stunde anzukreuzen. „Hätte ich doch weniger türkisches Fernsehen geguckt“,
klagt eine Schauspielerin. Der Gag: Selbst die Prüfungsleiterin kann die
meisten Fragen nicht beantworten. Uraufgeführt wurde diese und weitere Szenen
am Weltfrauentag im letzten März auf der Feuerwache: „Es war sehr bewegend zu
sehen, wie diese schüchternen und zurückhaltenden Frauen aufblühten und
zunehmend selbstbewusster wurden“, erzählt Projektleiterin Yasemin Korkmaz.
Längst betrachten sich die Frauen als Freundinnen und ihr
Dienstagsgesprächskreis ist ihnen wichtig. „Eigentlich bin ich krank, aber ich
bin trotzdem gekommen. Darauf freue ich mich nämlich die ganze Woche,“ sagt
Rahime Göcmen (37). Hier können sich die Frauen austauschen, denn auch nach 15
Jahren in der neuen Heimat fühlen sie sich isoliert. Die mangelnden
Sprachkenntnisse stellen die scheinbar unüberwindbare Barriere zur Teilnahme am
öffentlichen Leben dar und für Sprachkurse fehlt oft der Mut oder die Kraft.
Anders sieht es da bei den jungen Frauen aus, die ihren Ehemännern nach
Deutschland gefolgt sind: Nursen Karadag (23) kam vor zwei Jahren nach
Deutschland und hat einen achtmonatigen Deutschkurs absolviert. Der ist nun
verpflichtend und diesen Druck bewertet sie durchaus positiv: „Der Anfang war
schwer, aber als es immer besser klappte, wollte ich auch immer mehr lernen!“
In der alten Heimat war sie Bautechnikerin, in der neuen arbeitet sie zurzeit
bei McDonald´s. So tankt auch diese junge Frau bei der „Familienhilfe sofort
vor Ort“ des Caritasverbandes Duisburg Kraft: „Durch die Caritas habe ich viele
Leute kennen gelernt; ich fühle mich hier nicht mehr allein.“
Die Menschen mit ihren Problemen nicht alleine zu lassen – das ist der Ansatz
der Familienhilfe sofort vor Ort, die jeden Menschen unvoreingenommen und
unabhängig von Alter, Nation und Religion willkommen heißt: Zu diskreten
Einzelberatungen, Sprachförderung, Nachhilfe, Selbsthilfegruppen, Näh- und
Malkursen sowie zu einem gemeinsamen Mittagstisch für Jung und Alt im Rahmen der
beliebten Nachbarschaftstreffen.
So betont auch Diplom-Sozialwissenschaftlerin Yasemin Korkmaz: „Wir nutzen
diese Gruppe als Plattform für Öffnung und Weiterbildung. Regelmäßig laden wir
ReferentInnen ein zu Themen wie Gesundheit, Erziehung, Ergo-Therapie.“ Solches
Wissen kann den Unterschied machen, das zeigt ein aktuelles Beispiel aus der
Praxis: „Eine Teilnehmerin, Mutter von fünf Kindern, suchte mich auf, um über
die Schulprobleme ihres achtjährigen Sohnes zu sprechen. Dieser sollte laut
Empfehlung der Lehrerin auf eine Förderschule gehen, obwohl seine kognitiven
Leistungen eigentlich gut waren. Ich klemmte mich dahinter und es stellte sich
heraus, dass der Sohn lediglich an einer Lese-Rechtschreibschwäche litt, die
die Lehrerin hätte erkennen können. Jedenfalls konnten wir so die Förderschule
abwenden.“ Dies ist eines von vielen Beispielen, wie die FsvO schnell und
unbürokratisch helfen kann.
Auch wenn die offizielle Sprechstunde immer am Montag statt findet ist der FsvO
jederzeit erreichbar. Diese schnelle Verfügbarkeit kann unter Umständen Leben
retten, denn natürlich erreichen die FsvO auch Hilferufe von Frauen, die
schnellstens in ein Frauenhaus vermittelt werden müssen.
Fazit: Probleme schon im Ansatz zu bekämpfen, begrenzt nicht nur persönliches
Leid, sondern spart größere Folgekosten. In einer Zeit, in der der Rotstift
regiert, Strukturen wegbrechen, Gemeinden zusammengelegt werden und schlicht
Orte der Begegnungen fehlen, greift das Pionierprojekt „Familienhilfe sofort
vor Ort“ kompetent und schnell – vor Ort eben, genau da, wo die Hilfe so
dringend benötigt wird. (Claudia Weiss)
Informationen erteilen:
Yasemin Korkmaz und Maria-Anna Gutte
Telefon 0203 – 600 135 33/34,
familienhilfevorort@caritas-duisburg.de
Pressemitteilung
Presse-Info 029 / 2011 : Caritas Duisburg: Familienhilfe sofort vor Ort
Erschienen am:
24.02.2011
Beschreibung