Mit einem ganzen Maßnahmenbündel will Nordrhein-Westfalens Familienministerin Josefine Paul (Grüne) den Personalmangel in den Kindertageseinrichtungen lindern. Dazu zählten die Einführung einer modularisierten Ausbildung, der Einsatz multiprofessioneller Teams und die gezielte Entlastung der pädagogischen Fachkräfte beispielweise durch Alltagshelfer*innen, sagte sie im Interview mit der in Düsseldorf erscheinenden Zeitschrift "Caritas in NRW" (1/2024). Zwar gebe es so viele Kitaplätze und so viele Fachkräfte wie noch nie, "gleichzeitig ist der Bedarf so hoch wie noch nie und wächst schneller als der Platzausbau und die Fachkräfteausbildung", sagte Paul.
Die in dieser Legislaturperiode geplante Novelle des Kindesbildungsgesetzes (KiBiz) müsse sehr unterschiedliche Ansprüche berücksichtigen: Frühkindliche Bildung lege den Grundstein für Zukunftschancen, deswegen müsse die Kita als Arbeitsort für das Personal attraktiv sein, und drittens bräuchten die Eltern ein verlässliches Betreuungsangebot für ihre Kinder. "Wir müssen miteinander kreative Lösungen entwickeln" forderte Paul.
Kreative Lösungen
Wie kreative Lösungen aussehen können, zeigt ein Bericht über eine Kita in Essen, die in einem sozial herausfordernden Umfeld mit einem multiprofessionellen Team arbeitet: Pädagogische Fachkräfte helfen, Sprachbarrieren abzubauen und Familien in schwierigen Lebenslagen zu begleiten. Vernetzung im Stadtteil und Elternarbeit spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Kita Saltkrokan im Hörsterfeld ist eine von fünf Einrichtungen der Caritas-SkF-Essen gGmbH, die das so genannte plusKITA-Konzept umsetzen. In der aktuellen Podcast-Folge von "caritalks" erklären Kita-Leiterin Manuela Jaiteh und plusKITA-Fachkraft Nicole Weyer, wie das Konzept funktioniert und warum frühkindliche Bildung in Politik und Gesellschaft einen höheren Stellenwert verdienen.
Einen ganz ähnlichen Ansatz verfolgt das Familienzentrum an der Brüder Grimm Grundschule in Mülheim-Styrum. "Wir stärken die Eltern in ihrer Rolle als Bildungsbegleiterinnen und -begleiter ihrer Kinder", sagt Tülay Yavuz. Die 47-jährige Diplom-Sozialarbeiterin leitet das Familiengrundschulzentrum in Trägerschaft der Caritas.
Vernetzung und Elternarbeit
Der Stadtteil Styrum gehört nicht zu den reichen Stadtteilen. Hier leben viele Menschen, die Sozialleistungen beziehen, Zugewanderte und Menschen in Armut. Umso wichtiger ist, dass es neben einem engagierten Team der Grundschule, dem offenen Ganztag und der Schulsozialarbeit das Familiengrundschulzentrum gibt. Denn alle Kinder sollen in der Schule - unabhängig von Herkunft sowie Einkommen und Bildung der Eltern - dieselben Chancen haben, fordert Yavuz.
Die Schule ist im Stadtteil zu einer Anlaufstelle für Familien geworden, zu einem Knotenpunkt, der Eltern und Kinder unterschiedlicher Herkunft, Religion und Kultur zusammenbringt. Doch wie lange es dieses Angebot noch gibt, ist ungewiss. Die Förderzusage des Landes Nordrhein-Westfalen für Personal- und Sachkosten bezieht sich nur auf drei Jahre. Die Schule ohne das Familienzentrum ist für Yavuz keine Option: "Wir haben so viel aufgebaut. Das wäre sehr traurig!" Welche Angebote und Initiativen das Familienzentrum ins Leben gerufen hat und wie sich das positiv auswirkt, erklärt Diplom-Sozialarbeiterin Tülay Yavuz in Folge 71 im "caritalks"-Podcast.